Oder: Wie autoritäre Erziehung Kinder in ihrer Entwicklung hemmt.
Viele Menschen sind davon überzeugt, dass eine strenge Erziehung „besser erzogene“ Kindern schafft.
Zahlreiche aktuelle Studien belegen jedoch, dass zu strenge oder auch „autoritäre Erziehung“ in Wirklichkeit Kinder schafft, die sich „schlechter“ als andere Kinder verhalten – und darum mehr bestraft werden! Ein Teufelskreis!
Kinder, die mit zu viel Strenge aufwachsen, neigen dazu, rebellischer zu sein!
Wir schauen uns in diesem Artikel an, warum das so ist.
Die Eltern üben eine starke Kontrolle auf ihre Kinder aus. Die Meinung der Kinder wird zwar wahrgenommen, letztendlich bestimmen aber die Eltern. Zu Hause gibt es einen strikten Umgangston und eine wenig liebevolle Atmosphäre. Die Steigerung wäre der Autokratische Erziehungsstil (Elder, 1962), bei denen Kinder rein als Objekte angesehen werden, deren Meinung nicht zählt.
Autoritäre Eltern sind berühmt dafür zu sagen: “Weil ich es so sage!”, wenn ein Kind die Gründe für eine bestimmte Regel in Frage stellt. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Gehorsamkeit der Kinder, sie sind nicht an Verhandlungen interessiert. Die Eltern-Kind-Bindung liegt nicht im Fokus.
Kinder lernen zu gehorchen, aber nicht, selbstständig zu denken.
Aussagen von Eltern mit autoritärem Erziehungsstil:
- Kinder sollten zwar gesehen werden aber ihre Meinung beeinflusst meine nicht.
- Ich bin der Erwachsene, ich mache die Regeln. Da geht kein Weg daran vorbei.
- Gefühle werden überbewertet. Weinen ist ein Anzeichen von Schwäche.
Autoritäre Eltern nutzen häufig Bestrafungen anstelle von logischen Konsequenzen.
Sie geben Kindern oft das Gefühl, sie hätten Fehler gemacht, müssten sich für ihr Verhalten entschuldigen oder sich schuldig fühlen.
Ihre Erziehungs-Strategien basieren auf dem Prinzip „Scham-Schuld-Schmerz“ .
- Scham – das Kind (vor anderen) beschämen
„Immer bist du so tollpatschig, pass doch besser auf!“, „Genierst du dich nicht, so schmutzig nach Hause zu kommen?“
- Schuld – Vorwürfe machen
„Pass doch besser auf! Schon wieder ein Glas umgeworfen! Wir werden noch arm wegen dir!“
- Schmerz – Gewalt zufügen
Psychische Gewalt / Beschimpfungen („Du bist echt ein Trottel!“) / Liebesentzug (“Wenn du das machst, hab ich dich nicht mehr lieb.” “Geh sofort auf dein Zimmer” – Auszeit)
Körperliche Gewalt (Ohrfeige, Klaps auf den Po,..)
Erleben Kinder selbst körperliche oder psychische Gewalt, tendieren sie dazu, dies auch an andere weiterzugeben.
Autoritäre Erziehung basiert auf Angst. Sie lehrt Kindern: Mobben ist ok!
Kinder, die mit streng autoritären Eltern aufwachsen, neigen dazu, die meiste Zeit Regeln zu befolgen. Ihr Selbst-Wert ist niedrig, sie lernen nicht, Probleme selbstständig zu lösen. Sie können auch feindselig oder aggressiv werden. Anstatt darüber nachzudenken, was sie aus einem bestimmten Verhalten in der Zukunft lernen könnten, fokussieren sie sich eher auf ihren Ärger über Ihre Eltern.
Kinder, die mit Strafen erzogen werden, tendieren zu aggressivem Verhalten und Depressionen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder autoritärer Eltern zu guten Lügnern werden ist groß. Denn um der Scham-Schuld-Schmerz-Methode zu entgehen verschweigen Kinder ihren Eltern dann Tatsachen oder Erlebnisse.
Kinder werden unbeabsichtigt zum Lügen erzogen.
Als Erwachsene tendieren sie dazu ihren eigenen Weg zu gehen, wenig Kontakt zu den Eltern zu suchen. Sie erkranken häufiger an Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen und zeigen geringere sozial-emotionale Kompetenzen.
Autoritär Erziehung schädigt die Eltern-Kind-Beziehung.
Wenn nicht autoritär, was dann?
Die Studienlage ist eindeutig: Der autoritative Erziehungsstil gilt als wirksamster Weg um Kinder in ihrer sozial-emotionalen Entwicklung zu unterstützen um glückliche und gesunde Erwachsene zu werden. Beim autoritativen Erziehungsstil geht es um bindungsorientierte Erziehung mit empathischer Grenzsetzung – Also einer liebevollen Führung der Kinder, die auf ihre Gefühle und Bedürfnisse eingeht und ihnen mit Wertschätzung in Liebe entgegentritt.
Mehr dazu hier!
Warum ist der autoritative Erziehungsstil am besten?
Durch die hohen Anforderungen mit GLEICHZEITIG hoher sicherer Bindung werden Kinder
- in ihrem Verantwortungsbewusstsein gestärkt
- darin unterstützt zu lernen sich selbst zu regulieren
- angeleitet, selbst Problemlöse-Strategien zu finden. Dies hilft ihnen als Erwachsene selbst gute Entscheidungen zu treffen
- darin unterstützt, Respekt vor anderen Menschen und Regeln, aber auch Respekt sich selbst gegenüber zu haben.
Kinder
- können sich aufs „Kind-Sein“ konzentrieren. Sie müssen sich nicht darum sorgen, wer das Sagen hat, weil sie wissen, wer die Entscheidungen trifft, um sicherzustellen, dass sie gesund und glücklich sind: die Eltern
- Gleichzeitig wissen sie, dass sie mit ihren Problemen immer zu ihren Eltern gehen können. Haben eine sicherere Bindung und bessere Beziehung zu ihren Eltern. Sie haben eine sichere Ansprechperson – ein wichtiger seelischer Schutzfaktor (Resilienz!)
- sind einfühlsamer, freundlicher und warmherziger
- neigen dazu, weniger soziale Probleme mit Gleichaltrigen zu haben, mit Erziehern und Lehrern besser auszukommen und in Kindergarten/Schule beliebter zu sein
- sind wegen ihrer sozial-emotionalen Kompetenz widerstandsfähiger gegen den Druck von Gleichaltrigen oder anderen Kindern und haben ein geringeres Risiko Mobbing-Opfer (aber auch der Mobber) zu werden
Literaturhinweise
Gute Zusammenfassung:
Segrin, C., & Flora, J. (2019). Fostering social and emotional intelligence: What are the best current strategies in parenting?. Social and Personality Psychology Compass, 13(3), e12439.
Höhere Chance an Depression zu erkranken:
Liu, Y., & Merritt, D. H. (2018). Examining the association between parenting and childhood depression among Chinese children and adolescents: A systematic literature review. Children and Youth Services Review, 88, 316-332.
Höhere Chance Gewalt als „normal“ anzusehen:
Landon, B. G., Waechter, R., Wolfe, R., & Orlando, L. (2017). Corporal Punishment and Physical Discipline in the Caribbean: Human rights and cultural practices. Caribbean Journal of Psychology, 9(1).
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