Die Auswirkungen der humanitären Krise in der Ukraine hat nun, in Form der größten Flüchtlingswelle seit 2014, Deutschland erreicht. Über 250.000 Menschen sind seit Beginn des Krieges nach Deutschland geflüchtet (geschätzter Stand: 25.03.2022 laut Statista). Davon sind Schätzungen zufolge die Hälfte Kinder und Jugendliche, teils unbegleitet. Die betroffenen Kinder haben schlimme Dinge erlebt und gesehen, Familien wurden zerrissen und Hab und Gut zurückgelassen.
Die Zahl der Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, ist laut UNO Flüchtlingshilfe, bereits vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, auf 84 Millionen Vertriebene angestiegen. Wie viele Kinder darunter sind, ist unklar. Klar ist aber, dass sie aus Gebieten fliehen, in denen Bürgerkrieg oder Krieg herrschen oder eine Zuflucht vor Armut und Hunger suchen. Oft haben sie eine lange und beschwerliche Reise hinter sich.
Eine von vielen Herausforderungen, die sich Gastfamilien, pädagogische Fachkräfte und Lehrkräfte bei der Ankunft der Geflüchteten stellen, ist die emotionale (Mit-)Begleitung von Kindern, die plötzlich heimatlos, oder im schlimmsten Fall elternlos, geworden sind.
Die Kinder und Jugendlichen befinden sich in einem neuen Land, dessen Sprache und/oder Kultur sie nicht kennen und leiden oft unter Ängsten und Traumatisierungen. Die Verständigung ist anfangs schwierig. Manche Kinder können kein oder wenig Deutsch oder Englisch, oft wollen die Kinder auch nicht sprechen, weil sie Schlimmes in ihrem Heimatland oder auf der Flucht erlebt haben.
5 Tipps, um geflüchteten Kindern die Ankunft und Integration zu erleichtern:
1. Die Kinder in der Klasse / Familie vorbereiten
Wenn die Kinder von dem Thema Krieg erfahren haben, beantworte die Fragen der Kinder kindgerecht.
Hilfreiche Tipps sowie mögliche Fragen und Antworten findest du in unseren Beiträgen “Wie spreche ich mit Kindern über den Krieg” sowie “Leitfaden und Materialiensammlung für Gespräche mit Kindern über Krieg“.
Damit die Neuankömmlinge mit Verständnis und Empathie aufgenommen werden, kannst du die Kinder vor Ort fragen:
- „Wie glaubst du, wie fühlt sich ein Kind in einer ganz neuen, ungewohnten Umgebung?“
- „Wenn du in eine neue Klasse kommen würdest, was würde dir helfen, damit du dich dort wohlfühlst?“
- „Was würdest du dir von den Kindern in deiner neuen Klasse wünschen?“
2. Herzlich willkommen heißen
Wir kommunizieren nicht nur mit Worten, sondern auch nonverbal mit Körpersprache.
Zeigt den Kindern und Familien durch eure Gesten, Gesichtsausdrücke und Körpersprache, dass sie willkommen sind.
Stellt für die Eltern konkrete Informationen zu Verfügung: Wo gibt es Unterstützung? Was gilt es zu beachten? Klarheit gibt Sicherheit! Mehr Infos dazu in unserer Linksammlung unten.
In der Schule kann ein*e hilfsbereite*r Sitznachbar*in, die das neue Kind an die Hand nimmt, hilfreich sein.
3. Kommunikation durch den Einsatz von Symbolen erleichtern
Arbeite mit Piktogrammen oder Symbolen, um den neuen Kindern die Kommunikation in der ersten Zeit zu erleichtern. Symbole für Grundbedürfnisse (z.B. Essen, Trinken, Toilette) oder für benötigte Materialien (z.B. Stifte, Hefte, …) sind hier hilfreich.
Vorhersehbarkeit bedeutet Sicherheit.
Hier können visuelle Tagesablaufpläne mit Symbolen (z.B. Uhrzeit und / oder geplante Aktivität) unterstützen.
4. Mentale Gesundheit stärken
Ein wichtiger Schutzfaktor vor Posttraumatischen Belastungsstörungen und anderen psychischen Erkrankungen ist das Aufzeigen und Lehren von Selbstregulationsstrategien, also Strategien für einen gesunden Umgang mit Gefühlen. Hierbei ist der Einsatz von Symbolen ebenfalls sehr hilfreich.
Unsere GEFÜHLEHELDEN Materialien zeigen Kindern spielerisch und mit dem Einsatz von Symbolen auf, dass alle Gefühle wichtig sind und wie sie ihre „Beschützer-Gefühle“ in „Starkmacher-Gefühle“ lenken können. Dabei kommen z.B. Atem- und Entspannungs-Übungen zum Einsatz. Die GEFÜHLEHELDEN Materialien sind für Kinder ab 2 Jahre bis zur 2. Klasse Grundschule geeignet .
Achtung: Solltest du Anzeichen für starke psychische Belastungen bei Kindern wahrnehmen (Emotionale Taubheit, immer wiederkehrende Spielsequenzen mit dramatischen Inhalten, ausgeprägte Schreckhaftigkeit, Schlaf-, Konzentrations- oder Gedächtnisschwierigkeiten, regressives Verhalten, wirkt wie „weggezoomt“, ausgeprägte Ängste oder Aggressionen), informiere dich über konkrete Anlaufstelle in deiner Umgebung und suche bitte unbedingt das Gespräch zu den Eltern (wenn möglich mit Übersetzer*in), um möglichst rasch Unterstützung und Hilfestellung für die Familie zu gewährleisten.
5. Alles Schwere braucht ein leichtes Gegengewicht!
Unser Gehirn braucht schöne Erlebnisse und Erinnerungen, um ein Gegengewicht zu all den schweren Erlebnissen zu schaffen (auf dem GEFÜHLEHELDEN Poster wird dies in Form der „schweren Beschützer-Gefühle“ und den „leichten Starkmacher-Gefühlen“ graphisch dargestellt).
Überlege darum: Was brauchen die angekommenen Kinder, um Kraft tanken und schöne Erlebnisse erleben zu können? Kleine positive Angebote im Alltag (z.B. Angebote für Kreativität und Bewegung: Malen/ Basteln/ Besuch auf dem Spielplatz,…) und eine ruhige, liebevolle Bezugsperson bieten wichtige Krafttankstellen für Kinder.
Weiterführende Linksammlung und Materialien-/Buch-Tipps:
Unterstützung für Flüchtlingskinder:
- Bilderwörterbücher (verschiedene Sprachen): https://tueftelakademie.de/fuer-zuhause/bilderwoerterbuch/
- Kostenlose Konversationshilfe Deutsch-Ukrainisch: https://eduki.com/de/material/565612/ukraine-kostenlose-konversationshilfe-deutsch-ukrainisch-1
- Sprach- und Leseförderung (Links zu hilfreichen Materialien sowie Buch-Tipps für Flüchtlingskinder): https://alf-hannover.de/materialien/fluechtlingskinder
- E-Books für Kinder auf Ukrainisch und Online-Bildung und Unterricht für Kinder aus der Ukraine (Linksammlung der Stadtbücherei Dachau): https://open.dachau.de/Portals/0/Ukraine_Zugang_%20Kindermedien_1.pdf
Lehrmaterial Flucht und Asyl:
- Materialien der UNO Flüchtlingshilfe (ab Klasse 9), um das Thema “Flüchtlinge” im Unterricht aufzugreifen: https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/unterstuetzen/engagieren/in-der-schule/unterrichtsmaterial
Sozial-emotionale Kompetenzen bei Kindern stärken (Empathie, Kommunikations- und Konfliktlösungsstrategien & Gruppenzusammenhalt):
- GEFÜHLEHELDEN (ab 2 Jahre bis 2. Klasse Grundschule)
- HELDENFORSCHER Präventionsprogramm (3. & 4. Klasse Grundschule)
- Streitschlichter-Ausbildung für Kinder und Jugendliche: Bücher von Belz und Verlag an der Ruhr
- Klassengemeinschaft stärken Tipps: https://www.das-macht-schule.net/15-klassenspiele-mit-abstand/
- Handreichung „Klasse werden – Klasse sein“: https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/schule/Schulkultur/mitwirkung/mitwirkungsgremien_in_brandenburg/RAA-Broschuere_gesamt.pdf
Hilfreiche Informationen für Fachpersonen und neu zugewanderte Eltern aus Krisengebieten:
- Informationen für Geflüchtete (Schwerpunkt aus der Ukraine, aber Informationen auch in anderen Sprachen) und für pädagogische Fachkräfte (Kita/Schule) von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Berlin: https://www.berlin.de/sen/bjf/gefluechtete/
- Handreichung für die Kindertagesbetreuung (Landesverband Brandenburg e.V.): https://www.awo-brandenburg.de/2016-02_awoBB-mig_hr-fluechtlingskinder-inklusive-876024.pdf
- Fachkräfteportal der Kinder- und Jugendhilfe – Infos zum Thema Flucht und Migration: https://www.jugendhilfeportal.de/fokus/junge-fluechtlinge/
- Sammlung von Informationsmaterialien für Neuzugewanderte in verschiedenen Sprachen zum Thema Gesundheit (direkter Download eines PDFs mit Links zu verschiedenen Quellen, auch für Eltern für Babys bis Jugendliche): https://www.westerwaldkreis.de/bildungskoordination-fuer-neuzugewanderte.html?file=files/wwk/downloads/sicherheit-ordnung-verkehr/StB_Infomaterial_verschiedeneSprachen_Gesundheit.pdf
Hilfe für Betroffene – Thema seelische Gesundheit / Trauma:
- Traumahilfezentrum München: https://www.thzm.de/ukraine/
- Traumanetz Sachsen: https://traumanetz-sachsen.de/#1647006654534-ddb798a6-a4b5
- Refugee Trauma Help (Informationen in verschiedenen Sprachen): https://www.refugee-trauma.help/
- Übungsbuch: Gut mit Stress und Belastungen umgehen (in verschiedenen Sprachen, auch Ukrainisch): https://apps.who.int/iris/handle/10665/339150
- Infos zu Trauma in verschiedenen Sprachen (kann auch bei Retraumatisierung hilfreich sein): https://psz-duesseldorf.de/wir-fuer-sie/nawa/
Hilfreiche Materialien um Sprachbarrieren zu überwinden:
- Linksammlung für den Dialog mit Geflüchteten: https://integration.haus-der-kleinen-forscher.de/hintergrund/weiterfuehrende-links/hilfen-fuer-den-dialog-mit-fluechtlingen
- Icoon for Refugees: Ein Bilderwärterbuch für Geflüchtete – gibt es auch als App: https://icoonforrefugees.com/download
- Sprach-Apps als Übersetzungshilfe
Buch- und Materialien-Tipps für Elterngespräche ohne Dolmetscher*in in der Kita:
- Elterngespräche in der Kita ohne Dolmetscher: Mit über 200 mehrsprachigen Bildkarten Sprachbarrieren überwinden. 51 Bögen mit Begleitheft (Deutsch) Loseblattsammlung von Raphaela Nachtmann (2017)
- „Liebe Eltern, denkt an …“: Kommunikationskarten für das Eltern-Postfach in Kita und Krippe – in 5 Sprachen (Deutsch) Loseblattsammlung vom Verlag an der Ruhr (2017)
- Das haben wir heute gemacht!: Bildkarten für die Planung und Dokumentation von Aktivitäten in den Bildungsbereichen (Deutsch) Karten vom Verlag an der Ruhr (2015)
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